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29. Mai 2020
Positionspapier: Jugendverbände als Orte der politischen Bildung anerkennen und stärken

Die djo – Deutsche Jugend in Europa versteht politische Bildung als ein Wesensmerkmal der Jugendverbandsarbeit. Als Jugendverband der Vielfalt versammelt die djo – Deutsche Jugend in Europa in ihren Strukturen Landesverbände, landsmannschaftliche Gruppen und Migrant_innenjugendselbstorganisationen, welche die Pluralität jugendlicher Lebenswelten abbilden. Hier übernehmen Jugendliche unabhängig von ihrem sozialen und rechtlichen Status freiwillig und selbstbestimmt gesellschaftliche Verantwortung und schaffen so Orte der gelebten Demokratie.

Wertegebundenheit von Grundgesetz und politischer Bildung

Das demokratische System Deutschlands beruht auf dem Grundgesetz, dessen Kern insbesondere das Bekenntnis zu den Menschenrechten bildet. Diese Wertegebundenheit der demokratischen Ordnung in Deutschland geht zurück auf die Erfahrungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg, die auch für die Gründungsgenerationen unseres Verbandes prägend waren. Unser Selbstverständnis und unser sich daraus ergebender gesellschaftlicher Auftrag als Jugendverband sind nach wie vor untrennbar mit diesen Werten, insbesondere der Achtung der Menschenrechte, verknüpft.

Gegenwärtig sehen wir, dass vor allem von rechts gegen zivilgesellschaftliche Akteure und damit auch gegen Jugendverbände vorgegangen wird – bis hin zur Forderung, staatliche Förderung einzustellen. Hierfür werden das grundgesetzliche Neutralitätsgebot des Staates sowie der Beutelsbacher Konsens* instrumentalisiert, um irreführender Weise ein Gebot der Wertneutralität zu konstruieren. Das Gegenteil ist richtig: Die Wertegebundenheit des Grundgesetzes verpflichtet die Bildungsarbeit dazu, verfassungs- und menschenrechtsfeindliche Positionen als solche zu benennen.

Angesichts der Entstehungsgeschichte der djo – Deutsche Jugend in Europa sowie der Vielfalt der früher und heute bei uns organisierten jungen Menschen bekräftigen wir daher unsere Verantwortung und Pflicht, uns klar gegen menschenfeindliche Äußerungen zu positionieren.

Jugendverbandsarbeit stärken – politische Bildung fördern

Die gemeinsame Verständigung über demokratische Prinzipien und die ihnen zugrunde liegenden Werte sind eine immerwährende Aufgabe in allen Bereichen unserer außerschulischen Bildungsarbeit. Als Ort der politischen Bildung verfügen wir als djo – Deutsche Jugend in Europa hier über wertvolle Expertise, Erfahrungen und Kompetenzen.

Oft wird politische Bildung allerdings über befristete Projekte gefördert. Das mag in Einzelfällen sinnvoll sein, um spezifische Leerstellen zu schließen. Vielfach gelingt es aber nicht, tiefgreifend wirkende Projekte in Folgefinanzierungen zu überführen, sodass erreichte Erfolge wieder zunichte gemacht werden und eine Nachhaltigkeit nicht erreicht werden kann.

Stattdessen braucht politische Bildung einen langen Atem – das zeigen die gesellschaftlichen Entwicklungen deutlich. Sie muss daher vor allem dort gefördert werden, wo sie bereits erfolgreich geleistet wird. Jugendverbände wie die djo – Deutsche Jugend in Europa müssen in ihrer Bedeutung für die politische Bildung anerkannt und dauerhaft gestärkt werden. Nur so können wir unsere Potenziale voll ausschöpfen, langfristige Netzwerke etablieren und nachhaltigen Wissenstransfer nach innen und außen gewährleisten.

Mit Blick auf die politische Bildungsarbeit hält die djo – Deutsche Jugend in Europa daher fest:

  • Wir als Jugendverband sind als Ort der politischen Bildung anzuerkennen. Hier übernehmen junge Menschen gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung und üben zusammen demokratische Prinzipien ein. So schaffen sie sich selbst Räume gelebter Demokratie.
  • Die Wertegebundenheit des Grundgesetzes verpflichtet uns in unserer Bildungsarbeit dazu, verfassungs- und menschenrechtsfeindliche Positionen als solche zu benennen und ihnen zu widersprechen. Versuche, das grundgesetzliche Neutralitätsgebot des Staates sowie den Beutelsbacher Konsens zu instrumentalisieren und in ihr Gegenteil zu verkehren, verurteilen wir daher aufs Schärfste.
  • Politische Bildungsarbeit muss vor allem dort gefördert werden, wo sie bereits erfolgreich geleistet wird. Jugendverbände wie die djo – Deutsche Jugend in Europa müssen in ihrer Bedeutung für die politische Bildung dauerhaft gestärkt werden. Nur so können vorhandene Potenziale voll ausgeschöpft, langfristige Netzwerke etabliert und nachhaltiger Wissenstransfer nach innen und außen gewährleistet werden.

* Der „Beutelsbacher Konsens“ wurde in den 1970er Jahren formuliert und verweist seither besonders für die formale politische Bildung auf drei zentrale didaktische Leitgedanken: Überwältigungsverbot (keine Indoktrination); Beachtung kontroverser Positionen in Wissenschaft und Politik im Unterricht; Befähigung der Schüler_innen, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren. (Quelle: https://www.bpb.de/die-bpb/51310/beutelsbacher-konsens, aufgerufen am 30.04.2020)

Dieses Positionspapier wurde vom Bundesvorstand beschlossen. Es sollte ursprünglich auf dem Bundesjugendtag beschlossen werden, der jedoch aufgrund der notwendigen Verschiebung durch das Coronavirus nicht wie geplant im März 2020 stattfinden konnte.

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